Künstlern standen lange Zeit nur rund drei Blaupigmente zur Verfügung: Kobaltblau, Pariser Blau, und Ultramarin.
Jetzt soll bald ein neues blaues Pigment marktreif sein-kostengünstiger, umweltfreundlicher und ungiftiger als die bisherigen Blaupigmente.
Diesen Artikel widme ich Holly van Roll.
Picasso hatte seine blaue Phase, Chagall auch. Zuvor waren Monet, Renoir und van Gogh ganz verrückt danach, diese Farbe in Ihren Werken einzusetzen. Um in Blau zu malen, hatten die Künstler allerdings lange nur rund drei Pigmente zur Verfügung: Kobaltblau, Pariser Blau, und Ultramarin.
Kobalt- oder Thénards Blau, Kobaltaluminat, wurde bereits für chinesisches Porzellan verwendet. In Europa fand der französische Chemiker Thénard als Erster heraus, wie man dieses intensive Blaupigment herstellen konnte und startete 1807 die kommerzielle Produktion.
Berliner Blau, auch Preussisch Blau, Französischblau, Pariser Blau, Miloriblau und Eisencyanblau genannt, Eisenhexacyanoferrat, wurde bereits um 1708 synthetisch hergestellt- namentlich von einem Berliner Farbenhersteller.
Seit 1828 gibt es ausserdem synthetisches Ultramarinblau, ein schwefelhaltiges Aluminiumsilikat. Weil das Pigment in der Kunst so gefragt war, hatte ein französischer Ausschuss im Jahr 1824 einen Preis für die Synthese, die künstliche Herstellung des Pigments, ausgesetzt.
Der ältere und damit schon länger erhältliche Vorläufer war das “Fra Angelico Blau“, das aus gemahlenem Lapislazuli in einem aufwendigen Verfahren gewonnen wird. Nämlich wird aus dem Lapislazuli das Mineral Lasurit und daraus dann das reine blaue Pigment in nahezu fünfzig Arbeitsschritten gewonnen. Entsprechend teuer ist es, zudem existiert nur eine einzige qualitativ hochstehende Lapislazuli-Fundstelle -im Norden Afghanistans. Seit der Kommerzialisierung der Synthese wird das Ultramarinblau daher kaum mehr aus Lapislazuli isoliert- und muss auch nicht mehr „über das (Mittel-)Meer“-woher der Name stammt- nach Europa gebracht werden.
Van Gogh verwendete fast ausschliesslich Kobalt- oder Thénards Blau. Das Kobalt-Aluminiumoxid hat eine Farbtiefe, die von Bildschirmen wie auch drucktechnisch nicht wiedergegeben werden kann. Googlen Sie nur eines der unten erwähnten Bilder –da sehen Sie, dass bei den näherungsweisen Abbildungen im Netz die Blautöne bereits sehr unterschiedlich sind..
Wer das Kobaltblau wirklich sehen will, muss sich also bei Gelegenheit in Person vor das Bild hinstellen. “Starry Night under the Rhone“ und “Wheatfield Under Thunderclouds“ sind ganz besonders fesselnde Beispiele für die Verwendung dieses Blaus durch van Gogh.


Diese beiden Online-Versionen des Bilds “Wheatfield Under Thunderclouds“ sind schon sehr unterschiedlich in ihren Blautönen. Daher müssen Sie das Bild unbedingt in echt sehen. Es hängt in Amsterdam. Während Sie vor dem Bild stehen, rufen Sie sich vielleicht mit einem bewundernden kleinen Schaudern in Erinnerung, dass Vincent-wie andere arme Künstler auch-zeitweise tatsächlich nichts gegessen hat, um blauzumachen (sprich, sich Kobaltblau kaufen zu können).
Monet hat gerne Ultramarinblau verwendet, nachdem dieses ab etwa 1870 sehr vielpreisgünstiger wurde. Renoir hat in seinem Werk “The Umbrellas“ mit Kobaltblau begonnen, um das Bild später unter Verwendung von Ultramarinblau fertigzustellen. Beide verwendeten die Blaupigmente gerne in reiner Form, ohne sie mit irgendwelchen anderen Farben zu mischen.
Picasso hat ausschliesslich Pariser Blau verwendet. Chagall hat unbeschwert alle drei verfügbaren Pigmente eingesetzt.
1934 wurde im britischen Chemieunternehmen Imperial Chemical Industries ICI -ehemals die britische Firma-mehr oder weniger per Zufall das erste organische Blaupigment entdeckt. Chemisch gesehen ein Kupfer-Phthalocyanin-Komplex, der entsprechend Phthalocyaninblau genannt wird. Seither hat dieses Pigment die andern drei aus fast allen Anwendungen verdrängt, da es einfach in viel geringerer Menge ein viel intensiveres Blau erzeugt.
Und 2009 wurde per Zufall ein weiteres blaues Pigment erfunden: Chemiker der Oregon State University entdeckten ein leuchtend blaues Yttrium-Indium-Manganoxid, als sie eigentlich auf der Suche nach einem Material mit speziellen magnetischen Eigenschaften waren. Die enthaltenen Elemente Yttrium und Indium sind zwar etwas exotischer und teurer, doch das neue Pigment soll den bisherigen Pigmenten in jeder Hinsicht überlegen sein. Zum Beispiel in Bezug auf Beständigkeit, Ungiftigkeit und Umweltfreundlichkeit. Die Shepherd Color Company versucht nun seit 2016 zusammen mit dem Erfinder, ein kommerzielles Produkt daraus zu entwickeln.