Essen blau machen

Für Genuss und Optik Essen in blau kreieren? Einen „natürlichen“ Regenbogenkuchen fabrizieren? Das war bis auf die blaue Biscuitscheibe nicht so schwierig..
Wir nahmen Randensaft für die rote, Kurkuma für die gelbe, eine Mischung der beiden für die orangefarbene, Matchapulver für die grüne und Blaubeersaft für die violette Biscuitrondelle..bei zusätzlichem Bepinseln der Scheiben nach dem Backen mit alkoholischer, wässriger oder öliger Lösung des entsprechenden Farbstoffs/Pflanzenpulvers oder -safts wurden die Farbtöne ziemlich intensiv. Blau hingegen lässt sich kaum ohne Lebensmittelfarbstoffe aus dem Labor realisieren. Da muss man also mit dem synthetischen Patentblau arbeiten.

Patentblau ist ein zugelassener Lebensmittelfarbstoff und leicht erhältlich, in der Schweiz z.B. in der Migros. Da steht auf der Verpackung dann der E-Code, E 131. E steht hier für Europa/EU, die die Zulassungen für Lebensmittelzusatzstoffe erteilt, wie auch für edible/essbar. Im Gegensatz zu einigen anderen Lebensmittelfarbstoffen, die bedenklich sein können, darf Patentblau soweit ohne Sorge verwendet werden. Der Farbstoff wird nämlich gar nicht resorbiert, sondern schlicht unverändert wieder ausgeschieden.
Trotzdem versuchte auch ich erst, ohne Farbstoffe auszukommen und mit Blaubeeren eine Lösung zum Einfärben von Nahrungsmitteln zu realisieren. Funktioniert nicht wirklich.. man kann mit stark verdünntem Heidelbeersaft höchstens eine blauviolette Limo herstellen.
Ich wollte aber blaue Eiskrem herstellen. Unten seht ihr die Farben, die ich erzeugen konnte:

Bilder: Olli Gerlitz

Leichte Blautöne konnte ich erreichen, indem ich Backpulver zu dem Püree aus Blaubeeren und Sahne gegeben habe (die Mischungen rechts im Bild). Das war dann allerdings ungeniessbar.

Weshalb Backpulver? Weil die Farbe der Anthocyane (der blauen Farbstoffe in den Blaubeeren) pH-abhängig ist. In saurer Umgebung verschiebt sich die Farbe von Blaubeeren, Blaubeermus oder -saft sofort in Richtung rot. Um die zu Beginn eher violette Farbe in Richtung blau zu verschieben, muss man Base zugeben. In der Küche hat man dafür nicht so viele Möglichkeiten: Natriumhydrogencarbonat, Backpulver, zum Beispiel, oder das von el Bulli-Koch Adrià erhältliche Citras –das ist Natriumcitrat. Beide schmecken aber unangenehm seifig, seltsam in Flüssigkeiten und Cremen.
Die Farbe von Blaubeereismasse lässt sich also nur gut in Richtung rot verschieben, wie das Bild unten zeigt. Dabei habe ich einfach im Uhrzeigersinn-von links unten begonnen- sukzessive mehr Limettensaft zugegeben.

Für ein blaues oder zumindest tiefviolettes Eis braucht man also Patentblau. Man kann beispielsweise das folgende Rezept verwenden:

180 g Sahne
30 g Blaubeeren
6 EL Milch
2 TL Zucker oder mehr nach Geschmack
1 Messerspitze gemahlene Vanille
ca. 10 Tropfen blaue Lebensmittelfarbe (E 131, Patentblau)

Sahne steif schlagen, die restlichen Zutaten bis und mit Vanille gut durchmixen,  unter die Sahne ziehen und unter Rühren mit dem Schwingbesen das Patentblau zugeben, bis untenstehende Farbe erreicht ist.

In Eis-am-Stiel oder andere Förmchen abfüllen und mindestens 5 Stunden tiefkühlen.

Was man als Alternative zum im Blaubeereis-Rezept beschriebenen Farbstoff Patentblau auch verwenden könnte, solange man keine Wurst zum Eis isst: Indigokarmin, ein vom Indigo abstammender Farbstoff. Indigokarmin wird, wie auch Indigo selbst, seit langem synthetisch hergestellt. Es ist wie Patentblau als Lebensmittelfarbe zugelassen, mit der Nummer E 132. Für Indigokarmin wie für Patentblau gibt es keine Hinweise auf eine gesundheitsschädigende Wirkung, ausser eben, man kombiniert das Indigokarmin mit Wurst. Die Nitrite im Wurstpökelsalz können unter Umständen zur Umwandlung des Farbstoffs in krebserrregende Nitrosamine führen.

Dem Indigokarmin strukturell sehr ähnlich ist Indigo selbst, der Farbstoff der Jeans. Indigoblau hat aber eine beschränkte Lichtechtheit, d.h. das Blau verblasst unter Lichteinwirkung mit der Zeit. In der Ölmalerei wurde das Pigment daher nur wenig eingesetzt  (Gemälde sollen ja sehr lange mit derselben Farbigkeit überdauern). Bei ihren Jeans ist das egal, die müssen ja nicht Hunderte von Jahren überdauern. Indigo ergibt ein sehr dunkles Blau, das auf einer durchgehenden Farbskala kurz vor dem Übergang zu bläulichem Dunkelviolett steht. Das kennen Sie ebenfalls von Ihren Jeans- vielleicht gehören Sie auch zu den Fans der dunkelblauen Originalfarbe.

Und woher kommt denn nun der Ausdruck „blau machen“ für Nichtstun oder Arbeit schwänzen?

Das Indigopigment wurde früher aus der indischen Pflanze Indigofera tinctoria oder dem europäischen Färberwaid gewonnen und ab 1897 auch im Labor kommerziell hergestellt.
Die Pflanzen enthalten die Pigmentvorstufe Indican, die durch Gärung in das gelbe Indoxyl umgewandelt wird. Indoxyl wiederum wird dann an der Luft zu dem blauen Indigo oxidiert. Die Gärung wurde früher mit Ammoniak und Alkohol in Gang gesetzt -den Färbebottichen wurde der Urin der Färber, die ausserdem kräftig becherten, zugesetzt. (Wie, das können Sie sich ja vorstellen..) Daher der Ausdruck “blau sein“ für Trunkenheit.
Als nächstes mussten die Färbergesellen die Tücher aus den Bottichen fischen und an der Luft aufhängen oder auf einer Wiese ausbreiten. Dazu musste der Himmel blau -das Wetter schön- sein. Da lagen die Gesellen dann den ganzen Tag im Gras, verdösten ihren Kater und warteten auf die Blaufärbung der Stoffe durch die Luft -chemisch gesehen eine Oxidationsreaktion des Indigos mit dem Luftsauerstoff. Und von da stammt mit grosser Wahrscheinlichkeit der Ausdruck “blau machen“.

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